Interview von Prof. Malick Kane, Leiter des LTE

Malick Kane, seit 2014 Professor an der Hochschule für Technik und Architektur Freiburg (HTA-FR), hat das Thermal and Energy Laboratory (LTE) aufgebaut, das heute zur Infrastruktur des Smart Living Lab gehört. Zum Institut ENERGY stiess er nach einer sehr vielseitigen Karriere, in deren Verlauf er Unternehmertum, Industrie und Wissenschaft erfolgreich verband.

Bevor Sie nach Freiburg kamen, haben Sie verschiedene Forschungsprojekte begleitet und zudem ein eigenes Unternehmen gegründet. Was ist der gemeinsame Nenner?

Ich habe sowohl einen industriellen als auch einen akademischen Werdegang. Mein Unternehmergeist und das Interesse an der Projektarbeit sind stark ausgeprägt; zugleich habe ich aber auch grosse Freude am Unterrichten. Während meiner gesamten beruflichen Laufbahn habe ich es so eingerichtet, dass auch die Lehre stets Platz fand, und neben meinem Studium (UCAD in Dakar, HEIG-VD in Yverdon, EPFL in Lausanne, LBNL in Berkeley) und dem Unterrichten habe ich immer auch an Projekten der angewandten Forschung gearbeitet: zuerst an verschiedenen bereits bestehenden Instituten, dann für mein eigenes Unternehmen Eneftech Innovation SA in Lausanne, das ich 2004 gegründet habe.

"Forschung und Lehre sind für mich zwei sehr komplementäre Tätigkeiten"

Forschung und Lehre sind für mich zwei sehr komplementäre Tätigkeiten, die sich gemeinsam entwickeln und gegenseitig befruchten. Die Themen, an denen ich arbeite sind dieselben wie jene, die ich unterrichte: Energieumwandlung und -erzeugung (Kraftwerke, Wärmepumpen, erneuerbare Energiesysteme), fortgeschrittene Thermodynamik, energetische Integration und Optimierung.

Energie ist also der gemeinsame Nenner meiner Tätigkeiten und die Schaffung des Thermal and Energy Laboratory (LTE) in Zusammenarbeit mit dem Smart Living Lab ist deshalb ein wichtiger und logischer Schritt.

Energie ist ein sehr weites Feld. Wofür interessieren Sie sich ganz besonders?

Schon sehr früh habe ich mich den erneuerbaren Energien zugewandt. Bereits im Rahmen meines Aufbaustudiums (DEA) nach dem Master-Abschluss in den 1990er Jahren habe ich mich intensiv mit Solarenergie beschäftigt, obwohl zu jener Zeit das Interesse an dem Thema noch nicht so gross war. Das ist es übrigens auch, was mich fasziniert: an bisher noch wenig erforschten Themen zu arbeiten. Es ist sehr anregend, gewissermassen ein Vorreiter zu sein, da man so noch Unbekanntes entdecken kann.

"Solaranlagen funktionieren heute sehr gut und ihre Bedeutung wird nicht mehr in Frage gestellt"

Solaranlagen funktionieren heute sehr gut und ihre Bedeutung wird nicht mehr in Frage gestellt. Dies ist ein sehr grosser Fortschritt, der mich motiviert, im Bereich der erneuerbaren Energiesysteme weiterzumachen, mich nun allerdings anderen Forschungsfeldern zuzuwenden, um Lösungen für die neuen Herausforderungen – wie jene im Zusammenhang mit intelligenten thermischen Netzen – zu finden.

Welches sind gegenwärtig die neuen Herausforderungen, die Sie meistern wollen?
Ich möchte, dass die Energiewende Wirklichkeit wird. So hatte ich, als ich an der EPFL im Bereich Solarenergie arbeitete, besonders gerne hybride Solarkraftwerke entwickelt, weil dies der beste Kompromiss war, um diese Wende zu schaffen: Solaranlagen waren damals komplex und teuer, während Hybridlösungen eine gute Alternative dazu waren, da sie die Nutzung von Solarenergie mit bestehenden Anlagen ermöglichten. Es war damals auch ein bahnbrechendes Konzept, das später u. a. in Projekten zur Entwicklung von integrierten Solar-Kraftwerken in Marokko mündete.

"Der neue Weg zur Energiewende ist die EXergiewende"

Hybrid-Lösungen sind inzwischen Realität, und wir arbeiten nun an der Energieeffizienz: Der neue Weg zur Energiewende ist die EXergiewende – die kleine grafische Spielerei ist eine Anspielung auf die Namen unserer zukünftigen Projekte, die in der Regel alle ein großes „X“ enthalten werden. Wir wollen innovativ sein – sowohl hinsichtlich der vorgeschlagenen technologischen Lösungen als auch hinsichtlich der Anwendung des systemischen Ansatzes bei folgenden Problemstellungen: Modellierung komplexer Systeme, Entwicklung methodischer Werkzeuge, die auf Dauer nachhaltig sind, sowie Plattformen zur Optimierung oder als Entscheidungshilfe im Energiebereich.

Mein Ziel ist es immer, das, was wir in der Theorie entwickeln, in die Praxis umzusetzen und so den konkreten Bedürfnissen der Industrie gerecht zu werden. Wenn von einem „neuen Netzwerk-Konzept“ die Rede ist, geht es um ein theoretisches Konzept, das nicht unbedingt auf viele Menschen Auswirkungen haben wird; wird jedoch eine neue nachhaltige Technologielösung umgesetzt, wird es greifbar. Es geht um komplexe Themen, doch wir wollen einfache Lösungen anbieten.

Um diese Ziele zu erreichen, ist unsere Forschung auf folgende drei Schwerpunkte ausgerichtet:

  1. Effizienz der Energieumwandlung in nachhaltigen Gebäuden und Quartieren;
  2. Entwurf und Entwicklung dezentralisierter Energiesysteme;
  3. Integration und Optimierung von Energiesystemen.

"Wir wollen dank Technologietransfer zu einem nachhaltigen Wandel in Afrika beitragen"

Wir wollen einerseits mit intelligenten Wärmenetzen die Entwicklung nachhaltiger europäischer Städte vorantreiben und andererseits – in Zusammenarbeit mit unseren Partnern, der Ecole Supérieure Polytechnique in Dakar, der Université Gaston Berger und der École d’ingénieur 2IE in Burkina Faso – dank Technologietransfer und der Entwicklung von Projekten zu einem tatsächlichen, nachhaltigen Wandel in Afrika beitragen.

In puncto Zusammenarbeit überschreiten wir die Grenzen Freiburgs und sogar die Landesgrenzen. Unsere wichtigsten industriellen Partner sind Groupe E in der Schweiz und ENGIE Réseaux (SCDC) in Frankreich, und im akademischen Bereich arbeiten wir eng mit dem Netzwerk RELIEF zusammen, zu welchem die HES-SO in der Schweiz, die Université Savoie Mont-Blanc in Frankreich – von der unsere Doktorandin Yolaine Adihou kommt –, sowie die Universität Trois Rivières in Kanada gehören.

Interview: Sofia Marazzi, ENERGY Institute (HEIA-FR)

Kontakt

Malick Kane

ENERGY Institute
Associate Professor UAS- HEIA-FR
-modeling, simulations and algorithms
-renewable energy
-heating, ventilation and air-conditioning HVAC

Information

Laboratoire Thermique et Energétique (LTE)
ENERGY Institute

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